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14.07.2013 von eb , - Aktuelle Bilder

Entstaubte Leseempfehlungen,

- auch für den innenministerialen Terrorismusfahnder.

Der König gab also dem ganzen Reiche bekannt, dies und dies sei passiert, der antrobiale Homus Bleichling habe das goldene Schlüsselchen geraubt, und wer ihn einfange oder auch nur das lebenspendende Kleinod wiedergewinne und die Prinzessin wecke, der könne sie zur Frau nehmen und den Thron besteigen. Bald erschienen in Schwärmen Draufgänger von unterschiedlichem Zuschnitt. Unter ihnen waren glorreiche Elektritter, doch auch manch ein hochstapelnder Schwindler, Astraldieb oder Sternenklau. Ins Schloss kam Ruhmraff Megawatt, der hochberühmte Fechter und Oszillator mit so schwindelschneller Rück-Zück-Kopplung, dass niemand gegen ihn im Zweikampf das Feld behaupten konnte. Da kamen Einzler aus fernsten Landen, wie Automax und Automoritz, durch Hunderte von Streichen erprobte Vorschneller, oder der ruhmreiche Konstruktionist Protheseus, der nie anders ausging als in zwei Funkenschluckern, einem schwarzen und einem silbernen. Da kam Arbitron Kosmosofowitsch, aus Urkristallen erbaut, von wundersam zügiger Gestalt. Da kam Kindbad der Intelektriker; der brachte auf vierzig Robochsen in achtzig Kisten eine alte Rechenmaschine mit. Sie war vom Denken verrostet, doch mächtig an Findigkeit. Es kamen drei Große aus dem Selektrergeschlecht: Diodes, Triodes undd Heptodes. Die hatten so ideales Vakuum im Kopf, dass ihr Denken schwarz war wie die sternlose Nacht. Da kam Perpetuan, ganz in Leidener Rüstung; dreihundert Kämpfe hatten seinen Stromwender mit Grünspan überzogen. Da kam auch jener Held, der täglich jemandem einen Grenzübergang zufügte: Matrizius Löcherlich. An den Hof brachte er seinen unbesiegten Kybrack mit, den er Strombo rief. Alle fanden sich ein, und als der Hof schon voll war, da rollte vor seine Schwelle ein Fäßchen. Und daraus rieselte in einzelnen Quecksilbertropfen Erg Selbsterreg, der beliebige Gestalt annehmen konnte.

Ausschnitt aus; "Erg Selbsterreg überwindet den Bleichling" (1964/65).
Stanislaw Lem, "Robotermärchen", S 25/26 Suhrkamp 1973

Ist das jetzt ein Märchen, die humorvolle Analogie von Heldentum im Zeitalter von Technikgläubigen eines liebenswert schlitzohrigen Schriftstellers, die kodierte Berichterstattung über eine konspirative Versammlung zur Planung eines terroristischen Anschlags auf eine hochrangige menschliche Persönlichkeit, - oder nur ein geschmackloser Witz von mir? Keine Sorge, - es gehört zu den ersten beiden- und unbedingt auch zur letzten Variante. Und bevor jetzt die Liebhaber von Stanislaw Lem, zu denen ich mich unbedingt auch zähle, aus purer Schriftstellerverehrung und ob der Geschmacklosigkeit evtl. sogar berechtigt, überhaupt erst mit Terror kommen können, hab ich mich nach Aussage unseres Innenministers schon verdächtigt gemacht, weil ich inklusive der Überschrift schon drei mal das Wort "Terror" verwendet habe, während der gleiche Innenminister anscheinend den Rest der Menschheit für vollkommen verblödet hält.

Bei manchen Sachen, bekommt diese bedauerlicherweise anscheinend bis zur Vollfüllung anwachsend wollende Schnittmenge zwischen Satire und Realsatire einen Ruch von Klamauk, - der wirklich weh tun kann. Bin ich jetzt von einem Innenminister, der uns globale Paranoia und geheimdienstliche Freiheiten ohne jede Grenzen als Schokohörnchen verkaufen will, einfach nur peinlich berührt, - oder fassungslos? Sicher, - Klaus Baum und Roberto de Lapuente haben wirklich schon mehr als alles Nötige und auch mehr als treffend dazu kommentiert. Ich versuch's einfach nur zu verstehen. Zudem, - dermaßen übertrieben produzierte innenministeriale Naivität als Beschwichtigungsversuch, lässt einfach Warnglocken jeder Art klingeln. Die einmal ob transatlantischer Vollhörigkeit doppelt und dreifach läuten, - oder gleich die Frage aufkommen lassen, auf welchem Kontinent der Mann eigentlich seinen Job als Innenminister macht. Oder aber tatsächlich eine vollkommene Unwissenheit über Bewegungsprofile und Kontextvernetzung aufgrund von Datenbeständen verkörpert, die heute jedem sogenannten social network genauso zur Verfügung stehen, wie jeder Werbeklitsche und selbst noch Unternehmensberater mehr als nervöse Finger bekommen lässt. An der sich aber auch jeder halbwegs begabte Analogdenker vorbei schleusen kann, - ohne auch nur ein einziges verdächtiges Wort zu verwenden.

Hätte er sich in den Fernseher gestellt und gemeint; "Vertraut mir einfach. Alles in Butter und vollkommen harmlos. Die Jungs und Mädels da über'n Teich, sind genauso vertrauenswürdig wie ich und natürlich unsere eigenen Geheimdienste", wäre das zwar so gut wie das Gleiche, aber eben auch frei von solch Merkwürdigkeiten zur untechnisch technischen Verargumentierung eines Verharmlosungsversuches, der geradezu wie ein Schuss nach hinten los gehen muss. Und das Ganze zudem noch, während neben dran die sogenannte Expertenwelt sich geradezu dabei überschlägt, das geheimdienstliche Ausreizen von vorhandenen Möglichkeiten zur Normalität per-se zu erklären. Wenn alles ganz harmlos aus der Kontrolle gerät und auch noch in der Hand von wirklich guten Freunden ist, die lediglich so gut wie alles und überall abhören, anzapfen und auswerten, um darin nur nach dem Wort Terrorismus zu suchen, dann bräuchte man wirklich nicht mehr zu erwarten, als Innenminister noch ernst genommen zu werden. Und als möglicher Beschwichtigungsversuch, war es so ziemlich die dämlichste und seltsamste Variante.


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