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29.12.2011 von eb , - Sonstiges

Juten Rutsch.

Klick macht dick.
bild Das ist ja jetzt nun wieder so weit. Die letzten Tage, bevor die Einerstelle in der Jahreszahl ihren Wiedererkennungswert verliert, sind bei vielen in der Regel immer noch von Verdauungsproblemen nach Weihnachten geprägt, welche bei den täglichen Jahresrückblicken im Fernsehsessel ihrer Heilung harren. Der eine oder andere, muss noch unlustig seine Steuererklärung nach mehrmaligem Hinaus-bettelns in die Zukunft, nun endgültig bis zum 31.12 erledigen, - aber auch dies, erträgt der sittsame Bürger mit Anstand und Völlegefühl. Steuerliche Rückbesinnung im Kontext finanz-technischer Gedächtnislücken, sind schließlich ganz besonders gut geeignet, um sich allgemein auf Jahresrückblicke, mit Alternativen für die Blickrichtung einzustellen.

Bei Fukushima konzentriert sich mancher sowieso lieber auf anderes, weil ihm bereits schon im Frühling, die Realität zu sehr am energie-technischen Weltbild genagt hatte. Die Naturkatastrophe dahinter, verschwindet im funktionalen Gewohnheitsbetrieb der Wohlstands-ängste sogar fast ganz. Das eine oder andere Erdbeben, z.B. in der Türkei, lässt die mittigen Bewohner der Eurasischen Kontinentalplatte, - hierzulande, allenfalls noch in der Kölner Bucht oder der Schwäbischen Alb aufhorchen. Und gen Jahresende, pflegt der fröhliche Schmetterer anti-linker Propaganda, während verfassungs-technischer Observations-Erkenntnisse in Berichtform, doch lieber nochmal den zu spät diagnostizierten grauen Star im rechten Auge. Lediglich der Papstbesuch, erfreut sich allgemeiner Beliebtheit. Und man schaut erneut staunend, auf einen winkenden alten Mann, der wir sind, aber er nicht wir, - in einem merkwürdigen Auto, innerhalb merkwürdig observierter und kontrollierter Menschenmassen, oder in einem merkwürdigen Bundestag, mit einem merkwürdig produzierten Publikum, - der etwas von Erlösung erzählt. Wobei diese, sowieso schon, - anhand der individuellen Schutzmechanismen zum Erhalt des eigenen Wohlbefindens und Weltbildes, - gefunden wurde.

"Schalt doch mal um, wir haben doch jetzt bald Sylvester. Ich will was fröhliches sehen."

Naja, - das Schlimme ist, und auch wenn jetzt dieses genauso gewohnheitsmäßig entrüstete; "aber...aber" kommt, ist man glatt in Versuchung, - es zu verstehen. Was erwartet man von einer; "Dinner-for-one" Gesellschaft? Na, - erwischt? Natürlich will ich jetzt keinem seine geliebten Neujahrs-Gigs nehmen, aber es ist nun mal auch bezeichnend für eine Kultur der Gewohnheiten, Routinen und geliebten Konformismen. Eine Event-Medienkultur mit öffentlich-rechtlichem Jahreszeitenprogramm der ununterbrochen gleich ablaufenden, einfallslosen und grottenmäßig altbackenen Wiedererkennungswerte. In welchem sich lediglich die Bilder der Realität jedes Mal ändern. Und dann wie bei einem Kinobesuch, mit Popcorn und Cola, - an einem vorbei rauschen. Was hat sich im letzten Jahrzehnt z.B. beim Fernsehen geändert? Nach der digitalen Revolution, kam der Flachbildschirm und schleuderte den alten Röhrenfernseher aus dem Fenster. Das war´s. Beim Programm hat sich genauso wenig verändert, wie beim Reaktionsverhalten darauf. Eine Menge Sender kamen hinzu, die zwar mächtig viel Doku und Nachrichten brachten, aber dann genauso programmatisch im Sumpf der erwarteten Einschaltquoten oder Werbeeinnahmen geendet sind. Und der kritische Zeitgeist, beweihräuchert sich mit dem Kanal, welchen er schaut.

Mittlerweile weiß jeder dieser Kasten-Gucker, wann er sich auf welche Seifenoper, auf welche Talkshow, auf welche Satire, auf welchen klima-kritischen Pseudo-Tierfilm, auf welche Christmesse, auf welchen Jahresrückblick, - schlichtweg freuen darf. Er weiß, wann er konform zu lachen hat, er weiß wann er sich konform zu entrüsten hat, - und er weiß, wann er ohne viel Aufsehens zu erregen, verschämt den Blick bei den schrecklichen Bildern der Realität senken darf. Mutti fragt; "Schlimm dass, - nicht wahr?", Vati sagt; "So ist halt die Welt", Opa antwortet; "Da können wir froh sein, dass es uns so gut geht" und Omi will was fröhlicheres sehen. Worauf der Kleine dann nach dem Comic-Kanal kräht. Und dort, - läuft dann Donald Duck. Nichts gegen Donald Duck, aber irgendwie..... Im Zimmer neben-dran, dröhnt sich die pubertierende Tochter schon seit Stunden, ein Musikvideo nach dem anderen rein, - findet das progressiv, - und ermahnt ihre Eltern zu einer kritischeren Haltung. Der stehen gebliebene Alt-68iger teilt die Kritik, verweist aber mit zu gekifftem Hirn, auf alternative Musikkanäle, - während der Lover der Tochter, - Techno für das Non-Plus-Ultra einer aufgeklärten Gesellschaft hält. "I´m an English man in New York", - als Techno, bei welcher der Sampler sich dann als Künstler bezeichnet, und albern mit dem kritischen Finger nach hinten zeigt. Einzig der Hund, kann vielleicht die Doppelmoral, aber den Krach nicht mehr ertragen. Wobei die weiße Schokokugel, der man mit dem Filzstift ein Smilie aufgemalt, - und das als Avantgarde-Kunst in den Rahmen gepresst hat, durchaus sein Interesse findet. Und sehe ich bei den Zeitungen, ja und auch ganz speziell bei den Kunstmagazinen,- irgendeine Blume, die wie ein Lichtpfeil, - aus gewohnten Konformitäten herausragt? Gibt es einen besseren Nährboden für Manipulation, Steuerung und dem Erhalt eines Status-Quo für ruhig gestellte Massen von exaltiert modernisierten Gewohnheitstieren? Auf diese Weise konditioniert, - läuft der Rubel. Alle fühlen sich ganz arg modern und kritisch, schieben sich den nächsten Schokoriegel ins Maul, - und vergießen Tränen, weil Steve Jobs kein neues Handy mehr kreieren kann. Und neben dran, - läuft der Film der Welt ab.

Aber bevor unser-einer wieder mal zu sehr den geschmacklosen Zeigefinger zum Zerstören terminierter Freuden mit Jubelzwang hebt, - wünsche ich doch allen noch einen guten Übergang, - mit mächtig viel Wein, Weib und Gesang. Und da unser-einer wenig Sinn darin sieht, sich im Nachhinein auch noch zusätzlich am Versagen zu ergötzen, verabschiede ich mich für dieses Jahr mit Marco Mehrings "Ofelia - Metamorfosis". Hat jetzt weniger mit Jahresdurchläufen, bzw. -Wechseln zu tun, - ist aber trotzdem immer noch sensibilisierender und ehrlicher, als sich wohlig fröstelnd im warmen Wohnzimmer bei der Steuererklärung, oder während des Zerkratzens alter LP´s, mitfühlend die ausgesuchten Katastrophenbilder vom letzten Jahr rein zu ziehen, und dann am Samstag euphorisch und freudig johlend, in der Kälte die Raketen steigen zu lassen. Und naja, - man sieht sich im nächsten Jahr. Mit Kopfschmerzen und Kater. Leid und Freud, - hatten schon immer den Makel, - ganz dicht beieinander zu liegen. Die einen haben den Kater, - die anderen das Leid. Und damit sich alle wohlfühlen, dürfen mir jetzt alle auch Zynismus vorwerfen.

The inventor of the mirror, poisened the human heart.


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