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29.06.2013 geschr. am 19.06.2010 von eb , - Artikel

Das Mädchen mit dem Perlenohrring

Jan Vermeer, und ein winziges Detail.

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(Zusätzliche größere Version).
bild


Das Bild; "Das Mädchen mit dem Perlenohrring", des niederländischen Malers Jan Vermeer, ( Joannis van der Meer ), ist als Original leider nur im Museum von Den Haag, (Mauritshuis), zu betrachten. Und ausgerechnet dort findet sich eine Beschreibung, welche sich vorsichtig zurückhaltend und sehr kurz angebunden, trotzdem noch am nächsten zu meinen eigenen Ansichten bewegt.

Über Jan Vermeer selber etwas zu schreiben fällt schwer, da diesbezüglich ausgesprochen dürftig nachweisbare Kenntnisse vorhanden sind. Es gibt einige, mehr oder weniger brauchbare Beschreibungen in Buchform, die aber selber mit nicht gerade wenigen großen Fragezeichen operieren. Die meisten Kurzbiographien verwechseln sogar des öfteren sein Taufdatum am 31.10.1632 mit seinem ebenfalls nicht schlüssig bekanntem Geburtsdatum. Zusammenfassend könnte man ihn als einen zu Lebzeiten gut situierten und angesehenen Mann beschreiben, der neben wahrscheinlichen sonstigen Nebentätigkeiten bereits gute Preise für seine wenigen, (37-40) tatsächlich auf ihn zurückführbaren Werke erzielte, evtl. einen eigenen Kunsthandel betrieb, und sich auch als Kunstexperte betätigte.

Gestorben ist er am 15.12.1675 aufgrund einer kurzen aber heftigen Krankheit, wobei noch anzufügen ist, dass sich in den letzten Lebensjahren anscheinend doch noch finanzielle Schwierigkeiten ergaben. Man kann ihn als einen Maler des niederländischen Überganges vom Früh-, in den Hochbarock bezeichnen, der sich mit Historienbildern, Stadtansichten, Allegorien und Alltagsszenen (Genrekunst) mit moralischem Zeigefinger, beschäftigte. Aber bereits betreffs letzterem fällt auf, dass mangels ausreichender Kenntnisse über sein Leben, lediglich eine äußere Beurteilung aufgrund der Sitten- und Umgangsformen seiner Zeit möglich ist. Erst in neuerer Zeit finden sich Versuche, diese neutrale Objektivität auf verschiedene Weise zu durchbrechen. Bereits der französische Schriftsteller Marcel Proust, der Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts einen Asthmaanfall ausgerechnet vor Vermeers Bild "Ansicht von Delft" erlitt, verarbeitete seine Eindrücke im fünften Teil seiner; "Suche nach der verlorenen Zeit". Dieses Bild ist deshalb interessant, weil sich betreffs der perspektivischen Sicht die Fachleute noch heute streiten, ob Vermeer sich einer Camera obscura als Hilfe bediente. Ebenfalls war Salvador Dali von Vermeers Gemälde "Spitzenklöpplerin" so begeistert, dass er es zu seinem "Paranoisch-kritischem Gemälde der Spitzenklöpplerin von Vermeer" verarbeitete.

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Auch das Gemälde; "Bei der Kupplerin", in welcher wahrscheinlich das einzige Selbstporträt von Vermeer selber enthalten ist, (die Person ganz links), lässt interessante Polarisierungen zwischen einer Sicht anhand der Zeit, und einer aus der Sicht des Menschen "Vermeer" selber zu. Die üblichen Beschreibungen sprechen hier von einem "moralisierenden" Bild. Dabei werden entsprechende Verbindungen zwischen dem Alkoholkonsum der Dame, (Weingläser etc.), und ihren roten Backen zu einem möglichen Akt der Prostitution (offene Hand, Geldmünze) gezogen, wobei gerne ignoriert wird, dass der Maler hier bezüglich einiger Finger am falschen Platz einen offenen Tabubruch der Zeit begeht. Die Frau im schwarzen Umhang stellt die Kupplerin dar, welche das entsprechende Geschäft eingefädelt hat. Eine ähnliche Verbindung bezüglich Alkoholkonsums, findet sich in einem Gemälde mit dem Namen; "Schlafendes Mädchen".


Die "sittsamen" Interpretationen der existierenden Bildbeschreibungen führen oft zu einer sehr distanzierten Sicht auf einen moralisierenden Maler, der lediglich einen Sittenkontext seiner Zeit verkörpert, was insbesondere auch sein wohl populärstes, etwa um 1665 entstandenes Werk; "Das Mädchen mit dem Perlenohrring", betrifft. Hier finden sich leider allzu oft so abgedroschene Sätze wie; Der Blick des Mädchens interagiert mit dem Betrachter, oder der Mund des Mädchens ist leicht geöffnet, was in der niederländischen Malerei häufig die Andeutung einer Ansprache des Bildbetrachters darstellt. Oder gar; "Es neigt den Kopf, was den Anschein von Gedankenverlorenheit beim Betrachter hervorruft".

Das auch die Maler des Barock, trotz strengster Sitten auch nur Menschen, und die Männer darunter insbesonders Männer waren, hat die amerikanische Schriftstellerin Tracy Chevalier bereits 2001 in ihrem Roman; "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" versucht anzugehen. Wobei sie gleich den Maler selbst und seinen Mäzen, es auf das "Hausmädchen Griet" absehen- und den Maler Ärger mit seiner Ehefrau bekommen ließ. Dabei hat sie wohl vor allem die Frage interessiert, wer denn die Person im Bild eigentlich war, was bis heute tatsächlich ebenfalls unbekannt ist. Der Roman wurde übrigens 2003 äußerst erfolgreich durch den britischen Regisseur Peter Webber verfilmt, und für drei Oscars nominiert. Natürlich ist so ein Roman eine äußerst fiktive Geschichte, aber dass die Abkehr von der züchtigen und sittsamen Sichtweise etwas näher an der Realität liegt als die neutralen Beurteilungen der Kunsthistoriker, zeigt sich besonders deutlich am Verhalten der Betrachter bei Sammelausstellungen, bei welchen das Werk des öfteren wenigstens als Kunstdruck gezeigt wird. Das Bild löst bei Männern eine durchaus beobachtbare Faszination aus, die sich in längeren Verweilzeiten ausdrückt, wobei evtl. begleitende Damen eher geneigt sind, den Herrn vom Objekt der Betrachtung zu entfernen. Das "Mädchen" wird dabei kaum als "Mädchen" gesehen, sondern unbewusst als ausgesprochen "sinnliche" Erfahrung, bei gleichzeitigem Konkurrenzempfinden evtl. weiblicher Begleitung.

Tatsächlich ist besagtes Gemälde eines dieser seltenen Werke, die um so geheimnisvoller, widersprüchlicher und spannungsgeladener werden, je länger man sie anschaut. Was man auf den ersten Blick schnell mal als "Mädchen" oder "Teenager", oder gar als "Frau" beschreiben würde, wird bereits beim zweiten Blick nicht mehr eindeutig fassbar. Nach längerem- und wiederholtem Neubetrachten lässt sich bereits eine Alterspannweite der Person im Rahmen von 12 bis 22 Jahren nicht mehr eindeutig festlegen. Man fängt an eine "Kindfrau" zu beschreiben. Der Übergang der Kindheit in die Pubertät. Oder das Verlassen der Pubertät. Oder die Zeit danach. Und auch dies wird nicht mehr fassbar. Unschuld lässt sich genauso als Erotik interpretieren, wie andersherum. Es könnte sich genauso gut um ein Kind mit fraulichen-, wie auch um eine durchaus schon erwachsene Frau mit kindlichen Zügen handeln. Jetzt will ich den Maler auf keinen Fall in ein schiefes Licht werfen. Ganz im Gegenteil. Zu dem wenigen was bekannt ist gehört, dass Jan Vermeer stolzer Vater von über zehn Kindern war, also durchaus wusste was Erotik und Sex bedeutet, aber allem Anschein nach auch glücklich verheiratet war. Doch er schien auch über das überaus seltene Talent zu verfügen, entweder den Augenblick eines pubertierenden Teenagers, - also diese Mischung aus kindlicher Sexualität einzufangen, oder aber bewusst freie Interpretationsspielräume anhand einer simplen Konstruktion aus vereinfachender Ästhetik und sinnlichem Detail auf geradezu geniale Art in einem Bild zu komprimieren. Egal welche dieser zwei Möglichkeiten zutrifft. Beide zeichnen den absoluten Meister aus.

Bisher spricht lediglich die Beschreibung am Austellungsort im "Mauritshuis" vom "sinnlichen Mund". Warum dies bei allen anderen, von mir bisher gesichteten Bildbeschreibungen immer übergangen wird, ist mir ein Rätsel. Aber vielleicht erklärbar durch eine oberflächliche Betrachtungsweise, die evtl. sogar beabsichtigt war. Beim ersten Betrachten wird man geradezu abgelenkt durch die übergroßen Augen, welche sich zusammen mit Nase, Augenhöhlen- und Wimpern, in einer Perfektion präsentieren, die in der Natur eher selten zu finden ist. Ebenfalls wurde die Wölbung des Nasenrückens nach innen, wohl bewusst ein wenig überbetont. Die gesamte mittlere Gesichtpartie besticht durch eine Symmetrie und ein Ebenmaß, welche gar nichts anderes übrig lassen, als den Blick des Betrachters darauf zu lenken. Beides lässt sich in dieser Form aber i.d.R. nur darstellen, wenn auf allzu viele Details verzichtet wird. Genau genommen, ist die Ästhetisierung eines Gesichtes, auch immer eine Form von Vereinfachung durch Symmetrie und Unterlassung.

Auch die sonstigen Bezüge zur Kopfform, lassen eine Vermutung in Bezug zur Perfektion im Bereich des Ästhetischen zu. Dies betrifft insbesondere die Hervorhebung des Gesichtes durch den weichen, aber trotzdem klar abgrenzenden Schatten auf der linken Gesichtshälfte, der die Symmetrie von Nase und Augen nochmals betont. Überhaupt kann das Schattenspiel, als bewusster Wille zur Konzentration auf das Gesicht verstanden werden. Die Augen können so gut wie alles ausdrücken, aber immer im gemäßigten Maße. Dies kann Neugier, Herausforderung, Nachdenklichkeit, ja sogar Überheblichkeit sein. Die erwähnte Mäßigung wird durch den leicht wässrigen Ausdruck und eine leichte Überbetonung der linken Pupille zu einem fast nicht wahrnehmbaren Silberblick hervorgerufen, welches insgesamt einen Ausdruck von Unschuld ergibt. Hier kann man durchaus mal das Experiment machen und im gesamten Bild ein leicht kummervolles, oder flehentliches Gesicht sehen zu wollen, dann wird man auch dieses entdecken können.

Letztendlich haben wir aber trotz der vielen Möglichkeiten zwei Pole zur Verfügung. Einmal ein als "entspannt" beschreibbares Kindergesicht mit allen Attributen des "Kindchenschemas" (leichte Pausbacken, übergroße Augen, runde Kopfform) und auf der anderen Seite, ein Frauengesicht mit bereits rudimentär sinnlichen Attributen, und vor allen Dingen gewollter werbeorientierter Selbstdarstellung, (Ohrring, Bedeckung des Haares, gewollt ausgesuchter modischer Kleidung mit damals gebräuchlichem orientalischem Bezug zu den Türkenkriegen). So wird der Mund beim ersten Hinsehen eher unbewusst, und erst beim zweiten oder nächsten Blick als das wahrgenommen, was das ganze Bild eigentlich letztendlich ausmacht.

Hier tritt deutlicherweise das Hauptaugenmerk des Malers am Gesamtwerk zu Tage und ich kann nur zum Experiment raten, einmal die Gesichtspartie unterhalb der Nase mit der Hand zu bedecken und dann den Eindruck mit Sicht auf den Mund, und ohne zu vergleichen. Ebenfalls sollte, mit nicht sichtbarer unterer Gesichtspartie, nochmals versucht werden das Alter der Person zu bestimmen. Man könnte ihn ihm ersten Eindruck als Teil der entspannten Haltung eines Kindergesichtes bezeichnen. Ein Eindruck der vermeintlich durch die vollere Unterlippe im Kontrast zur vorstehenderen Oberlippe ausgelöst wird. Doch wer länger hinsieht bemerkt etwas, was die entspannte Öffnung des Mundes fast zu entspannt und irgendwie spitzbübisch wirken lässt. Erst bei noch genauerem Hinsehen fällt einem auf, das der hellere Bereich in der Mundöffnung keineswegs nur die Zähne, oder einfallendes Licht sind, sondern hauptsächlich die Oberseite der Zungespitze, welche die Unterlippe leicht nach vorne drückt. Auch hier empfehle ich das Experiment einmal zu versuchen, ausschließlich besagte Zungenspitze vollständig abzudecken, (oder von mir aus am Monitor durch Zähne zu ersetzen), und den Gesamteindruck des Gesichtes, sowohl das Alter nochmals zu bewerten. Ich möchte hier jetzt nicht manipulieren, aber mein eigener Eindruck verwandelte sich schlagartig in das traurige Gesicht einer eher als Frau zu bezeichnenden Person.

Ob dies alles von meiner Seite als zu subjektiv betrachtet werden kann, lasse ich jetzt mal im Raum stehen. Aber ich wäre diesbezüglich an anderen Eindrücken interessiert. Für mich persönlich ist besagtes Gemälde, nicht nur wegen der Wirkung eines kleinen Details, immer noch das spannungsgeladenste und interessanteste Bild der alten Meister. Ob sich der Kauf eines entsprechenden Kunstdruckes lohnt, muss ich leider bezweifeln. Bezüglich Vermeers Umgang mit Licht und Schatten, als auch der klar begrenzten Farbwahl, konnte ich bisher keine gewünschte entsprechende Qualität sichten. Bei Preisen bis hin zu 500 Euro und mehr, kann man wenigstens schon eine ausreichende Detailgenauigkeit bzw. Farbechtheit erwarten. Leider sieht es da oft mehr als schlecht bis sogar grottenschlecht aus. Ein kleiner Tip hierbei könnte vielleicht hilfreich sein. Rechts von der Unterlippe befindet sich auf dem Original ein kleiner hellgrau bis fast weißer Fleck, welcher bei einer Abtragung der alten Firniss 1994 zu Tage getreten ist. Ebenfalls befindet sich auf dem rechten und rötlicherem Schattenteil der Unterlippe ein winzig kleiner weißer Punkt, sowie hauchzarte Hellfärbungen im Kinn- und Halsbereich. Diese Marker dienen ganz brauchbar als Bewertung für eventuelle Reproduktionen, und sollten ab einer Preisklasse über 200 Euro auf jeden Fall schon vorhanden sein.


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