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28.03.2013 von eb , - Allerlei Textliches

Ist da noch alles im grünen Bereich?

Heute ist ja der Tag der Grünen. Nicht? Und schon wieder hereingefallen. Ob da ein lateinischer Terminus tatsächlich was mit dem Gründonnerstag zu tun hat, weiß man nicht mal so richtig. Wobei ich mir sicher bin, dass einige politisch Konditionierte, an was ganz anderes gedacht haben. So ist das mit den unbewussten Assoziationen. Manche sagen auch Symbolpolitik dazu. Das Rudern über Phrasen, Polaritäten, Grabenkämpfe, linientreuen Markern, Schlagworten und sonstigen Mittelchen, um frei nach lobbyistischer wie auch medienwirksamer Public-Relation die eigenen Interessen, Ziele, Träume und Weltanschauungen durchziehen zu können. Und irgendwie, scheint das vollkommen ins Uferlose auszuarten. So als ob die neu entdeckte Kritikfähigkeit der geballten Quantität von in einem Jahrzehnt gezüchteter Ich-AG's und Egozentriker ihr Ich- oder Wir-Gefühl mit dem denkbar einfachsten Vokabular an Zeitbegriffen auf einmal heraus lassen möchten, ohne sich selber zu reflektieren und auch in sinnvolle menschliche Verhältnismäßigkeiten für alle zu stellen.

Da wird der Euro-Skeptiker gleich zum Europa-Gegner, die Zurück-zur-alten-Währung-Spekulanten gleich zu Nationalisten, die abhängig vom Zeitgeist, dann zu Links-, oder Rechtspopulisten deklariert werden. Auf der anderen Seite wird die Sache medial zur währungstechnischen Religion erklärt und überhaupt an allen Ecken und Enden erwähnt, dass man ja gar nicht anders denken darf. So könnte man argumentieren, - nicht wahr? Witzig, - wenn nicht leider traurig. Während man die davon abhängigen Menschen kontinentweit zu menschlichem Kapital versachlicht, ist man nicht fähig über eine wirkliche Sache, - nämlich eine Währung, - sachlich und ideologielos zu diskutieren. Ist eine Währung ein Fetisch? Ein Heiligtum? Irgendeine Art von Nirwana für monetär Entgeistigte? Wenn ich Europa sehe, dann sehe ich die Menschen darin, - nicht die Münzen mit denen sie bezahlen. Und ich mag diese Europäer. Dies, - war zumindest mal für mich, - die europäische Idee.

Das Problem ist lediglich, - ich bin kein Rechter, - sondern ein alter Sozialliberaler ohne human agierende politische Heimat. Von mir aus auch ein Linkspopulist. Ich hab nichts gegen Populismus, wenn er humane und soziale Existenzgrundlagen sowie eine damit verbundene Mentalität populär macht. Mich interessiert nicht die Art der Währung, sondern welche Schergen damit ihre eigenen Ziele auf Kosten anderer verfolgen. Und muss jetzt zusehen, wie Rechtspopulisten mit den menschlichen Ängsten wahltechnisch Kasse machen, während sie diese nicht mal interessieren. Schon alleine ein Blick auf die zwei Hauptfiguren Bernd Lucke und Konrad Adam des Vorstandes einer Alternative für Deutschland, zeigt mir ohne auch nur selber recherchieren zu müssen, eine Mischung aus Zweihundert-Prozent-Ökonomen, neoliberalen Marktradikalen und erzkonservativen Heiligen, die sich nicht zu schade dafür sind, sich von ultrarechten Newcomern und Sozialdarwinisten umgarnen zu lassen, und sich nicht mal davon distanzieren. Die unethische Begrifflichkeit; "menschliches Kapital", - werden die ganz bestimmt nicht abschaffen. Die, - wollen nur zurück zur D-Mark. Das ist ihr einziges erklärtes Ziel. Sagen sie jedenfalls. Dafür, dass die endlose Retterei in die Hose geht, braucht man wahrlich jetzt kein Ökonom für sein. Doch dies kann man mit oder ohne Euro stoppen. Denn was retten wir hier eigentlich? Eine Währung, - Banken, ein System,- oder die Menschen? Kann man sich da vielleicht mal für letzteres entscheiden? Bzw. ändert sich das auf nationaler Ebene mit einer nationalen Währung? Was ist nachher dabei gewonnen? Man kann mit einer D-Mark, genauso humane Wirtschaft betreiben wie mit einem Euro. Man kann mit einer D-Mark, genauso den Profiteuren zuarbeiten, - wie mit einem Euro. Der Unterschied liegt lediglich in nationalen oder kontinentalen Dimensionen. Was tun wir also wirklich?

Eine interessante Feststellung beim Durchforsten von Polit-Blogs, - was ja eigentlich nicht das Metier dieses blogs hier ist, - lässt Kommentatoren erkennen, die man vor drei Jahren noch als Trolle eines neoliberalen Dogmas schlicht und einfach raus geschmissen hätte. Deren Argumente sind heute noch die gleichen wie vor diesen Jahren, mit dem kleinen Unterschied, dass sie die Argumente der Linken, - also schlicht und einfach die inhumanen Resultate dieser Politik, mittlerweile dafür missbrauchen, die eigene Politik als Rettung davon zu verhökern. In einem blog ging dies sogar so weit, dass Anhänger dieser ökonomischen Ideologie sich so weit versteift hatten, ununterbrochen auf der Frage herum zu reiten, wie viel Menschenleben denn der Neoliberalismus bisher gekostet hat, - während die Toten, schon längst klar sind und absolut voraussehbar waren. Ich selber war nur noch dermaßen baff, dass ich nur noch von unsäglicher Skrupellosigkeit sprechen und abwinken konnte. Bei Klaus Baum, stellte ein Kommentator mit dem Alias Hagnum einmal in einem ähnlichen Kontext die Frage.

Ich bin mir nicht sicher, ob der Mensch bloß dämlich war, oder doch ein arger Schuft.

Genau diese Frage, - müssen wir klären. Bevor wir über alles andere reden. Wir sollten uns nicht von unseren Ängsten erlegen lassen, nur weil irgendjemand mit ökonomischen Heilsbringerphrasen verspricht diese zu lösen. Es wäre auch schön, wenn die LINKE endlich zu Potte käme und sich dem stellen würde, anstatt ständig Politik mit Philosophie, Ökonomie oder Systemtheorie zu verwechseln. Wir reden hier von Menschen die Ängste haben, die man nicht mit Systemen und hochgeistigen Visionen erschlagen kann, - sondern blind dann zugreifen, wenn es danach riecht. Denn das macht sie so gefährlich, - als Handwerkszeug für die Schufte. Und weder eine D-Mark noch ein Euro werden das Problem lösen, sondern nur ein offenes Bekenntnis, ob man auf Seiten der Menschen, - oder der Technokraten steht. Die Welt lässt sich nicht alleine über Ökonomie, Märkte und Systeme erklären. Aber die Lebenswelten der Menschen kann man schon erfassen.


Kommentare:


fenrir Uhrzeit 28.3.2013 20:38:43

Ich denke eigentlich das die Zeit der Argumente vorbei sind. Da ist alles ausgetauscht, was es auszutauschen gibt. Die Frage die sich stellt ist im Grunde einfach. Lässt die so genannte Unterschicht sich weiterhin alles bieten. Und wie verhält sich die korrodierende Mittelschicht?
Diese sofern es sie überhaupt noch gibt hat panische Angst vor dem Abstieg. Drum ist sie willig nach unten zu treten, solange man ihr vor"gauck"elt die nebulösen Heilversprechen des Neo- Liberalismus einzulösen.
Die Menschen müssen, sollten endlich aufwachen. Ob sie es tun? Keine Ahnung. Die Zeiten für das Prekariat werden sicherlich nicht besser. Schon gar nicht mit einem mickrigen Mindestlohn von 8, 50, den die Arbeitgeber mit Werkverträgen unterlaufen.
Zeit zu handeln. Aber wie?


eb Uhrzeit 28.3.2013 21:1:34

Die korrodierende Mittelschicht ist auch eine linke Mittelschicht. Hast du schon mal linke Denkhirnis in Arbeiterkneipen gesehen? Nööö, - die sitzen, wenn nicht in Studentenkneipen immer separat, - fernab vom Pöpel. Und wenn, dann treten sie auf als hätten sie die Weisheit mit Löffeln gefressen. Keine Chance, auf die Art und Weise Wähler zu gewinnen. Das war vor vier Jahren mal ganz anders. Und jetzt haben sich die Rechten entsprechend umformiert und besetzen das Thema nun mal dort, wo die Linken sich zu schnicke sind hin zu trauen. Das ist erbärmlich, - und verloren. Ja, - du hast leider recht. Ich wehr mich seit fünf Jahren gegen diesen Spruch. Lasst sie untergehen.


aebby Uhrzeit 29.3.2013 6:12:11

Ein paar noch nicht ganz zu Ende gedachten Punkte ...

Die Menschen werden mit Sicherheit nicht gerettet :-/ ... ich denke da sind wir uns einig.

Eigentlich wird gar nichts gerettet, es wird nur das Leiden des (tod)-kranken Patienten Finanzkapitalismus verlängert. Jede "Rettung" ist wie eine Infusion. Die Einführung des Euros war gewissermaßen eine Vergrößerung der Kanüle. Inzwischen steckt fast schon die größte Kanüle in der letzten noch nicht entzündeten Vene, die Flaschen mit der Nährlösung gehen demnächst aus.

Die gedanklichen Konstrukte von Schichten und politischen Lagern halte ich nicht mehr für hilfrfeich. Sicher lässt sich soziographisch eine Zugehörigkeit zu Schichten und Lagern konstruieren. Es handelt sich hier aber nicht (mehr) um Gruppen, die eine eigene Identität besitzen. Es gibt da ein altes Wort "Standesbewusstsein", in der reinen Bedeutung des Wortes gibt es das m.E. nicht mehr. Heute zählen nur noch zwei Aspekte, das allmächtige Individuum mit seinem Geld-Fetisch. Je nach Menge des Geldes bewegt sich das Individuum in seiner speziellen Filterblase, was in anderen Filterblasen passiert bekommen die meisten gar nicht mit. Ich rede mir im Bekanntenkreis manchmal den Mund fusslig und versuche Zusammenhänge aufzuzeigen, aber das ist so unglaublich mühsam gegen die pseudo-konsistenten Legenden der Filterblasen anzukommen.

Die Frage "Was tun" quält mich permanent.


eb Uhrzeit 29.3.2013 11:58:56

@aebby
Das Bild mit den Filterblasen ist wirklich toll. Genau so, muss ich es leider auch ständig empfinden.


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