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27.04.2011 von eb , - Der Kichenplanet und neue Bilder vom Kirchenplaneten.

Hoffnung im Chaos.

Aus der Reihe: Der Kirchenplanet, Teil 7

DIN-A4 Acryl   Zum Vergr. anklicken.


Es herrschte Chaos an Bord des Raumschiffes. Außer einigen wenigen der infolge des Kälteschlafes besonders von geistigen Schädigungen betroffenen, hatte jeder an Bord das Geschehen mitverfolgen können. Keine Mühsal scheuend, -in göttlicher Ehrfurcht aufgebrochen um das irdische Wort Gottes weiter zutragen, - und nun reduziert auf einen Haufen rückständiger Barbaren. Deren Religiösität als eine unter vielen, anscheinend einer Umgebung der Superlativen den Forschergeist abverlangte.

Der Stolz einer ganzen Spezies und einer Jahrtausende alten Kirche, zusammen gestaucht auf den Treppenwitz einer der Spiralarme der Galaxis. Das Ziel, eine außerirdische Spezies um irdisch-katholische Spiritualität zu bereichern, - entleert zu einem genauso leeren, öden Planeten. Bei welchem selbst ein extraterrestrischer Soziologiestudent lediglich alle paar Jahrzehnte per Hologramm vorbei schaute, um seine abgezäunte elektronische Spielwiese begutachten zu können. Dermaßen rüde die Nichtigkeit der eigenen Religion in möglicher universeller Vielfalt zu sichten, ließ viele Priester ihren Glauben einfach verlieren.

Und der Kapitäns-Bischof, als höchste Instanz und Autorität an Bord, betrank sich im hilflosem Verlust von allem, was seinen gesamten Lebensinhalt bisher ausgemacht hatte. Vollkommen desinteressiert am selben Zustand seiner Mannschaft, welche ihn gerade jetzt am dringendsten gebraucht hätte, schloss er sich in seinen separierten Räumlichkeiten ein. Die strenge, an zentrale Autoritäten gewöhnte Disziplin der Priester, brach in sich zusammen wie ein Kartenhaus.

In diesen Zeiten vollbrachte Judith, die Pilotin, wahre menschliche Kunststücke. Einmal zugunsten des Erhaltes einer wenigstens einigermaßen brauchbaren Funktionalität der Schiffssicherheit, - wie auch einer annähernd gewaltlosen sozialen Struktur unter der Mannschaft. Zwar hatte sich ihr Weltbild ebenfalls heftig bewegt, aber doch mehr in Richtung der Resultate an Bord, anstatt religiöser Beweggründe. Die Frauen an Bord, waren während des Auswahlsverfahrens vor der Reise, sowieso nicht aufgrund ihres kirchlichen Hintergrundes ausgesucht worden. Stilvoll hatte man es eingerichtet, dass damit verbundene Zölibatbrüche auch ihre testamentarischen Entsprechungen in Form von Schuldigkeiten erfahren konnten. Will meinen, - im Falle des Aufbaues eventuell dauerhafter Kolonien, mussten die Priester zwar ihr Keuschheitsgelübte brechen, konnten dies dann allerdings den Verführungskünsten der Weiblichkeit in die Schuhe schieben. Was mit Nonnen und sonstigen Kirchendamen mit gleicher Problematik, weitaus schwieriger zu realisieren gewesen wäre. Die römisch-katholische Kirche hat schließlich nicht nur missionarische Erfahrung in dieser Richtung, sondern auch Traditionsbewusstsein.

Die Sichtweise der Frauen war also von Anfang an eine vollständig andere als die der männlichen Priester. Während letztere hauptsächlich auf die Funktionalität einer kirchlichen Mission fixiert waren, die sich gerade in Luft aufgelöst hatte, - sahen erstere ein gutes Stück deutlicher die Notwendigkeit, Schiff und Mannschaft mehr im Kontext einer ziemlich einsamen und isolierten Gemeinschaft zu betrachten. Die zudem gerade in einer halb automatisierten Blechbüchse, ziellos, sowie sinn- und zweckfrei, einen traurig kirschroten Ball in den Weiten des Alls umrundete. Verbunden mit der Tatsache, dass Judith die einzige Pilotin überhaupt an Bord war, und ihrer fehlenden kirchlichen Demut sowie Eigenständigkeit, hatte es übrigens schon seit ihrer Wiedererweckung aus dem Kälteschlaf, Spannungen von Seiten des Kapitäns-Bischofs gegeben.

Jedenfalls wirkte ihre Selbstständigkeit im momentanen Chaos auf viele der besonders an Führung gewohnten Priester wie Autorität. Was ihr ermöglichte wenigstens die vernünftigsten davon zu überzeugen, zumindest nicht die routinemäßigen Arbeiten an den wichtigsten Systemen und Versorgungseinrichtungen zu vernachlässigen. Und dies, unter nicht gerade geringem Risiko. Denn einige der Priester waren in selbstleidiger Untergangsstimmung des Fehlen jeden Sinnes ihres Tuns bereit, auch noch die letzten ethischen Grundsätze aufzugeben. Wozu auch gehörte, mit dem Entgleiten des Glaubens die damit verbundene lebenslang antrainierte Unterdrückung sexueller Normalitäten, in unkontrollierten Tätlichkeiten explodieren lassen zu wollen. Bei einigen diesbezüglicher Situationen, konnte Schlimmeres nur noch durch die Wehrhaftigkeit der Frauen selber verhindert werden. Was zusätzlich zu ihrer Freundin Helga, die bereits aufgrund eines entsprechenden Zwischenfalls mit dem betrunkenen Kapitäns-Bischof sich fast nur noch in ihrer Nähe aufhielt, - auch die anderen Frauen dazu veranlasste, sich nach und nach um Judith zu scharen. Und so eine Art Front und Schutzburg der Frauen zu bilden. Eine Gruppe, derer sich aber nach dem Anschluss von zwei der Priester, die es endlich schafften bereits länger dauernde, aber geheim gehaltene Liebesbeziehungen zu zwei der Frauen zuzugeben, noch sechs weitere der Männer hinzu gesellten. Welche ebenfalls bemüht waren die Gemeinschaft so friedlich wie möglich zusammen halten zu wollen.

Auf der anderen Seite, fühlten sich drei der am wenigsten unter Glaubensverlust leidenden und zudem wortstärksten Priester dazu berufen, als bischöflicher Ersatz die Stelle des Anführers in Anspruch zu nehmen. Wobei jeder davon, auch eine gewisse Anzahl der nach Halt suchenden Menschen um sie herum für sich gewinnen konnte. Was das Chaos aber nur noch um den Faktor sich nicht nur theologisch profilierender und trotzdem nach neuem Sinn suchender Streithähne erweiterte. Dabei verdichteten sich Spannungen sogar zu solch offenen Aggressionen, dass bei einem tumultartigen Zusammentreffen der Gruppen, einer der zuhörenden Priester schwer verletzt wurde. Judith war klar, dass dies nur noch im ultimativen Untergang des gesamten Schiffes oder einer endlos sich selbst zerfleischenden Steigerung von bürgerkriegsähnlichen Zuständen im kleinen Rahmen führen würde. Und dies eine Gemeinschaft von Menschen betreffend, die in einem Raumschiff eingesperrt war, welches weder zurück noch weiter konnte. Die Resultate des ersten dreihunderjährigen Kälteschlafes, saß allen in den Knochen. Da war, zugunsten einer Rückreise inoffiziell schon vor dem Besuch auf dem Planeten keiner mehr bereit gewesen, das Wagnis nochmals einzugehen, entweder tod oder vollkommen verblödet wieder aufgetaut zu werden. Zudem wäre es im momentanen Chaos gar nicht möglich, alle entsprechenden Vorbereitungen zu treffen. Auch ansonsten, gab es nichts in näherer Umgebung, was man zu Lebzeiten hätte erreichen könnte. Es müsste also an Ort und Stelle eine Möglichkeit geben, den Leuten wieder ein gemeinsames Ziel, eine Richtung, oder einen Sinn des Ganzen zu bieten. Unter welchem, so hoffte sie, sich alle wieder eine Chance für eine gemeinsame Zukunft geben würden.

Mit dem Bischof war nicht zu rechnen. Sie hatte es versucht. Fast schon gewaltsam und unter Androhung einfach die Türe zu seinen Räumen zu sprengen, hatte sie es geschafft ein Gespräch mit ihm zu führen. Als Gespräch konnte man es allerdings kaum wirklich bezeichnen. Was sie vorgefunden hatte, war ein menschliches Wrack. Einen wochenlang ungewaschenen, betrunkenen, sich billigen Pornos und Kitschvideos der übelsten Sorte hingebenden Mann. Dem sie gar nicht mehr die Frage stellte, wie er es geschafft hatte das Zeug, genauso wie die Unmengen an Alkohol, überhaupt an Bord zu schmuggeln. Fast schon bereitwillig, hatte er ihr die codierten Sicherheitskarten für die Schleußen, den Beiboothangar und die restlichen Systeme ausgehändigt, die normalerweise nur mit seiner Einwilligung benutzt werden durften. Nur damit sie endlich wieder verschwinden würde. Auf die Codes, setzte sie nun ihre ganze Hoffnung. Zusammen mit Helga entwickelte sie Programme, welche den Planeten Tag und Nacht scannten. Auch die anderen ihrer Gruppe, beteiligten sich mit Ideen und Vorschlägen, sowie einem schichtweisen Betrieb zur Überwachung der Geräte. Dabei nutzten sie auch jede noch so geringe Möglichkeit des Bordcomputers, etwas anderes finden zu können als die blödsinnige Kuppel des außerirdischen Forschers, der den eigenen Angaben gemäß, lediglich den Bereich im Umkreis von 1000 km um sein eigenes Forschungsprojekt untersucht hatte.

So vergingen Tage und Wochen. Wobei fast täglich, zwar geologische oder geografische Auffälligkeiten, neben dem täglichen Kampf um den Erhalt einer Gemeinschaft ihre Aufmerksamkeit beanspruchten, - aber wo nichts dabei war, was außer menschenfeindlicher Einöde irgendeinen Sinn machen würde. Die Gruppen der um Vorherrschaft streitenden Priester, zersplitterten sich währenddessen in immer kleinere Separationen. Einige davon, sprachen mittlerweile gar offen von der Berechtigung von Gewalt zugunsten einer eindeutigen Führungsstruktur. Manche fingen sogar an andere einzuschüchtern, um sie auf ihre Seite zu ziehen. Was einen Schwerpunkt zugunsten der aggressivsten ergab. Und die Gruppe um die Frauen, rückte angesichts endloser Streitigkeiten ohne Interesse am Gemeinwohl der im All gestrandeten, - immer näher zusammen. So war es wohl fast am Ende von Judiths eigenen Nerven und dem Anfang der eigenen Hoffnungslosigkeit, - als die Scanner ein Gebiet erfassten, dessen Auswertung ihr fast den Atem nahm. Ihre Hoffnung ruhte von Anfang an, auf den gewaltigen Schluchten des Planeten. Mitunter hunderte von Kilometern lange, mehrere Kilometer tiefe und ebenso breite Gräben, deren Boden unerreichbar für Radar und auch Infrarot waren. Und wie Schnittwunden die gesamten Landmassen durchzogen. Auch die Flugsonden, hatten bereits schon vor der ersten Landung keine Einsichten liefern können. Zumindest gingen bei entsprechenden Versuchen aus noch nicht erklärbaren Gründen, gleich zwei verloren.

Und fast schon auf der gegenüberliegenden Planetenseite ihrer ersten Landung, hatten die Sensoren eine der selteneren, nicht schroff abfallenden, sondern zum Restland hin kontinuierlich ansteigenden Schluchtenenden entdeckt, dessen Auswertung sich auffällig von der übrigen Umgebung unterschied. Das Spektogramm zeigte nicht nur einen bemerkenswerten Sauerstoffanteil in diesem obersten Bereich des Grabens an, sondern sogar Spuren von Methan. Irgendwelchen Spekulationen aufgrund des Methans, einem organischen Abfallprodukt, dort tatsächlich Leben vorzufinden wollte sich Judith erst gar nicht ergeben. Auch nicht, dass man aufgrund des Sauerstoffs auf entsprechenden Stoffwechsel von Pflanzen schließen könnte. Aber der deutlich höhere Anteil daran ließ die Vermutung zu, dass aufgrund klimatischer oder atmosphärischer Besonderheiten innerhalb der Schluchten, in tieferen Lagen eventuell freies Atmen in stabiler atmosphärischer Umgebung auch ohne Schutzanzug möglich wäre. Denn eigentlich, waren bis auf den nur sehr gering vorhandenen Sauerstoff, sowohl Temperaturen, als auch Dichte und die sonstige Zusammensetzung der übrigen Atmosphäre des Planeten durchaus brauchbar.

Doch in der Hoffnung die anderen mit dieser Nachricht wach zu rütteln, wurden sie schwerstens enttäuscht. Bei den Hoffnungslosen, stießen sie auf bereits schon apathisches Desinteresse. Die um Führerschaft streitenden Priester sahen gar ihre potentiellen Ziele gefährdet und beschuldigten Judith, auf diese Weise selber die Position des Kapitäns an Bord erreichen zu wollen. Im Chaos, greift man nach jedem Strohhalm. So bestieg die Gruppe um die Pilotin nach heimlicher Absprache, und ebenso heimlicher Eindeckung mit Proviant, sogar für mehrere Monate, - die Landefähre und flogen einem Fingerzeig nach. Lediglich einer aus der Gruppe, -Jeremia, - ein recht betagter Priester, fühlte sich bezüglich seines Alters nicht mehr in der Lage dazu. Erklärte sich aber gerne bereit, mittels einer abgesprochenen geheimen Funkfrequenz und einer extra dafür hergerichteten Kommunikationseinrichtung in seiner Kammer, eine Schnittstelle zwischen Raumschiff und Landefähre aufrecht zu erhalten.


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